Fachkräfte im Tourismus dringend gesucht

Fachkräftemangel: Dank der guten Zahlen im heimischen Tourismus besteht eine erhöhte Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeitern. Viele Betriebe sind auf der Suche nach zusätzlichen Fachkräften. Um den Bedarf zu decken, setzt die Branche auch auf die Ausbildung von Lehrlingen.

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Durch die Ausbildung junger Menschen wird dem Fachkräftemangel entgegengewirkt
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Robert Seeber - WKÖ

Der Tourismus in Österreich lässt wieder mit steigenden Zahlen aufhorchen. Das Kalenderjahr 2023 (Jänner bis November) erzielte 139,7 Millionen Nächtigungen und liegt damit um 10,8 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Ankünfte verbuchten mit 41,5 Millionen ein Plus von 13,9 Prozent im Vergleich zu 2022. „Die aktuellen Nächtigungszahlen zeigen, dass unsere Tourismusbetriebe gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den vielfältigen Krisen der letzten Jahre getrotzt haben und gestärkt aus diesen hervorgegangen sind. Besonders erfreulich: Österreich wird als Urlaubsdestination immer beliebter“, erklärt Robert Seeber, Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WKÖ.

Qualitätstourismus und die erhöhte Nachfrage nach Urlaub in Österreich führen natürlich auch zu einem erhöhten Bedarf an entsprechend qualifizierten Arbeitskräften im Tourismus. Vor allem gesucht werden Köche und Servicekräfte.

Vor-Krisen-Niveau

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Susanne Dungl - AMS

Die Corona-Pandemie veranlasste viele Tourismus-Fachkräfte, die Branche zu wechseln und sich beruflich neu zu orientieren. Dieser Abwanderungseffekt war jedoch nicht von Dauer. „Der Jahresdurchschnitt der unselbstständig Beschäftigten im Tourismus, konkret Gastronomie und Hotellerie, lag im Jahr 2023 mit rund 224.500 Personen sogar etwas über dem Vor-Krisen-Niveau. Im Jahr 2019 waren es rund 220.000 Beschäftigte“, erklärt Susanne Dungl, AMS-Abteilungsleiterin „Service für Unternehmen“. Doch trotz der guten Beschäftigtenzahlen sind Fachkräfte gefragt wie nie. „Laut aktuellem Wirtschaftsbund-Stellenmonitor gibt es im Bereich Tourismus, Gastgewerbe, Freizeit 16.125 offene Stellen. Im Dezember 2022 waren es noch 23.935. Ein Viertel der Betriebe ist derzeit auf Mitarbeitersuche; im Schnitt werden zwei bis drei zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt“, so Robert Seeber und weiter: „Heute mehr denn je stehen unsere Betriebe im Wettkampf um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nicht nur deshalb ist den Unternehmen ein gutes Miteinander schon lange ein großes Anliegen. Beim innerbetrieblichen Engagement für die Mitarbeitenden hat sich viel getan: Die Branche ist noch mitarbeiterorientierter geworden. Verlässliche Dienstpläne und planbare Dienstzeiten, regelmäßige Mitarbeitergespräche und Teammeetings sind in der Branche zum Standard geworden. Dies beweist auch eine aktuelle Market-Umfrage dieses Sommers: So hat jeder zweite Betrieb einen Stamm-Mitarbeiter-Anteil von zumindest 80 Prozent der Belegschaft.“

Auf Ausbildung setzen

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzt die Branche verstärkt auf die Ausbildung junger Fachkräfte. „Die Nachfrage nach Lehrstellen im Tourismus ist nach wie vor gut – die meisten Lehrberufe in unserer Branche sind seit Jahren unter den Top-Ten-Lehrberufen. Der Einbruch der Lehrlingszahl durch die Corona-Pandemie ist wieder aufgeholt, und die Abbruchszahlen sind gering im Vergleich zu anderen Branchen. Im Jahr 2023 haben wir 7.195 Lehrlinge, das ist ein Plus von 3,5 Prozent gegenüber 2022“, so Seeber. 6,6 Prozent der heimischen Lehrlinge machen ihre Ausbildung in der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft.

Auch die heimischen Tourismusschulen tragen viel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels bei. So bilden die Tourismusschulen Semmering in der fünfjährigen Schulform, der dreijährigen Hotelfachschule und in einem Kolleg insgesamt 430 Schüler aus; die Tourismusschulen Modul 500. Die zeitgemäßen Lerninhalte entsprechen den Trends der Branche und machen die Absolventen zu begehrten Fachkräften mit ausgezeichneten beruflichen Aussichten. „Wer im Tourismus arbeitet, hat vielfältige – oft auch internationale – Karrieremöglichkeiten. Egal ob Jobanfänger, Quereinsteiger oder langjährige Mitarbeitende, ein Job im Tourismus bietet für alle Chancen und eine abwechslungsreiche Tätigkeit“, erklärt Robert Seeber.

Attraktive Arbeitgeber

Doch was muss ein Arbeitgeber im Tourismus bieten, um attraktiv für Arbeitnehmer zu sein? „Es gibt keine One-Size-Fits-All-Lösungen. Das AMS unterstützt Tourismusbetriebe, passende Antworten zu finden. Wir beraten und unterstützen Unternehmen entlang des gesamten HR-Lebenszyklus. In der Praxis steht dabei häufig die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität im Fokus, um in Zeiten des (Fach-)Arbeitskräftemangels verfügbare Arbeitskräftepotenziale anzusprechen, zu gewinnen und Arbeitskräfte im Betrieb bzw. in der Branche zu halten“, erklärt Susanne Dungl und weiter: „Beispielsweise begleiten im Rahmen der Impulsberatung vom AMS beauftragte Beraterinnen und Berater Unternehmen bei der Entwicklung von Handlungsoptionen für personalwirtschaftliche Herausforderungen. Sie unterstützen, passende Lösungen zu finden und notwendige Veränderungen wirkungsvoll in den Betriebsalltag zu integrieren.“ Durch die Digitalisierung haben sich viele Jobbeschreibungen, auch im Tourismus, verändert. Robert Seeber: „Die zunehmende Digitalisierung bietet viele Vorteile – auch für den Tourismus – und trägt dazu bei, die Branche für junge Menschen noch attraktiver zu gestalten (z. B. Einsatz von KI für Buchungen usw.). Wir wissen aus Umfragen, dass viele unserer Mitarbeitenden die Arbeit mit den Menschen enorm schätzen. Ebenso wie flexible Arbeitszeiten, die Verpflegung vor Ort, umfangreiche Sozialleistungen und die moderne Arbeitsplatzgestaltung.“ Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, ist es, laut Seeber, allerdings notwendig, an arbeitsmarktpolitischen Stellschrauben zu drehen. Steuerfreie Überstunden, Erleichterungen beim Arbeiten in der Pension, unkomplizierte Aushilfskräfteregelung oder innovative Kinderbetreuungskonzepte sind nur einige mittel- und langfristige Impulse zur notwendigen Stärkung des Tourismus.

Helene Tuma