Mit grünem Strom in die Elektromobilität der Zukunft

E-Fahrzeuge. Öffentliche ebenso wie private Lademöglichkeiten für E-Pkw werden 2024 in Österreich massiv ausgebaut. Neben noch schnelleren Ladestationen mit Ökostrom liegt der Fokus auf einer verbrauchsbasierten Abrechnung beim Tanken

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Elektrofahrzeuge liegen im Trend. 2023 wurden in Österreich 47.621 neue E-Pkw zugelassen – Tendenz weiter steigend

Ihre Zahl wächst und wächst: Im Dezember gab es in Österreich 155.491 rein elektrisch betriebene Pkw. Ihre Zahl nimmt stetig zu, denn bis Ende des Jahres 2023 wurden laut Statistik Austria in Österreich 47.621 E-Pkw neu zugelassen, was bereits 19,9% aller Neuzulassungen ausmacht. Gegenüber 2022 entspricht das einem Anstieg von 39,4%. Zum Vergleich: Bei der Neuzulassung von Benzinern verzeichneten die Statistiker ein Rückgang von 1,5 % und bei Diesel-Pkw von 3,2%.

Gerade im urbanen Raum stellt sich allerdings oft die Frage, wo man sein umweltfreundliches Gefährt – wahlweise an sogenannten Schnellladern (DC) oder Normalladestationen (AC) – laden kann. Und wer eine län gere Fahrt durch Österreich geplant hat, ist gut bera ten, sich über das Netz an öffentlichen Ladepunkten zu informieren, da die Reichweiten bei den „grünen“ Autos vieler Hersteller noch Luft nach oben haben.

24.000 Ladepunkte

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©BEÖ/TOM SON
Andreas Reinhardt - BEÖ

Aktuell liegt Österreich im Europavergleich beim Ausbau der E-Ladeinfrastruktur im vorderen Drittel: Mit Beginn des Jahres 2023 gab es im ganzen Land erst 16.000 öffentliche E-Ladepunkte, während es mit Anfang 2024 bereits 24.000 sind, was einem Zuwachs von 50 Prozent entspricht. Die Ladeinfrastruktur wird auch 2024 laufend ausgebaut, wie Andreas Reinhardt, Vorsitzender des Bundesverbands Elektromobilität Österreich (BEÖ) und Leiter des Bereichs Energiedienstleistungen bei der Linz AG, berichtet.

Mit dem E-Auto wurde eine Mobilitäts- und Energiewende eingeleitet, erinnert Christian Klejna, ÖAMTC e-Mobility Experte. Es verweist jedoch auf noch bestehende Herausforderungen in den Bereichen Reichweite, Infrastruktur und Leistbarkeit. „Umwelttechnisch stellt die nachhaltige Fahrzeug-Produktion, also die Kreislaufwirtschaft, eine Herausforderung dar. Auch nehmen wir derzeit bei vielen Menschen noch vorhandene Vorbehalte gegenüber der E-Mobilität wahr, die es aufzuklären gilt.“

Ladekompass

Der BEÖ vertritt die Interessen von elf Energieunternehmen in Österreich. Als erster Ansprechpartner in Fragen der E-Mobilität möchte man gemeinsam für ein flächendeckendes und Roaming-fähiges öffentliches Ladenetz aus Erneuerbarer Energie sorgen. Aktuell erweitern Unternehmen des BEÖ unter anderem ihr Angebot an Standorten großer Supermarktketten. „Das ist sehr praktisch, denn so kann das Elektroauto am Parkplatz geladen werden, während man parallel den Wocheneinkauf erledigt“, so Reinhardt.

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Der ÖAMTC hat einen „Ladekompass“ erstellt

Mit dem erweiterten Angebot und der sinkenden Lücken im Versorgungsnetz steigt für die Kunden allerdings auch die Unübersichtlichkeit, wie Christian Klejna weiß. Deshalb hat der Autofahrerklub einen eigenen „Ladekompass“ entwickelt, mit dem Ladestationsanbieter sowie Tarife transparent verglichen werden können.

Außerdem macht sich der ÖAMTC für eine kWh-basierte Preisgestaltung stark, um die Tarife besser vergleichen zu können. „Beim Zeittarif be steht die Gefahr, dass die Ladezeit je nach Auslastung an der Ladesäule variiert und den Konsumentinnen und Konsumenten dadurch unterschiedliche Kosten entstehen“, gibt Christian Klenja zu bedenken. Der ÖAMTC bietet mit seiner ePower über 15.000 Ladepunkte mit einer Ladekarte, sowie einheitliche Tarife im ÖAMTC ePower Lade- und Partnernetz.

Verbrauchsbasiert

Gerade in Österreichs Hauptstadt sind viele E-Fahrzeuge unterwegs (2022 waren es rund 17.800). Wien hat derzeit das engmaschigste Ladestellen-Netz des Landes. Der Bedarf an öffentlichen Ladestationen wächst dennoch weiter und viele Autofahrer wünschen sich „personalisierte“ Gebühren. Denn mehrheitlich erfolgt die Verrechnung der „getankten“ Energiemengen (in Kilowattstunden) über die Zeit, die das Fahrzeug an der jeweiligen Ladestation angeschlossen ist. Im Oktober 2023 hat Wien Energie, Betreiber von rund 2000 Ökostrom-Ladestationen im öffentlichen ebenso im halböffentlichen Bereich (zum Beispiel in Garagen oder auf Parkplätzen), deshalb verbrauchsbasierte Kilowattstunden-Tarife eingeführt. Zuvor konnte mit den Tanke-Wien-Energie-Tarifen nur nach Ladezeit abgerechnet werden.

Seit vergangenen Oktober können E-Auto-Fahrer auch verbrauchsbasierte Tarife abschließen. Der Vorteil für die Nutzer: Die geladene Energiemenge wird einfach und transparent in Kilowattstunden (kWh) abgerechnet.

Mehr E-Lkws

Im Bereich der Verbreitung von E-Pkw ist Österreich gut unterwegs, sowohl was die steigenden Anmeldezahlen von reinen Elektroautos betrifft als auch bei der Anzahl der neuen Ladepunkte, berichtet Andreas Reinhardt.

Die nächste Herausforderung, laut BEÖ, ist die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs: Immer mehr Elektro-Lkws, sagt Reinhardt, gehen in Serie und die Entwicklung ihres ultraschnellen Ladens wird vorangetrieben. „Das österreichische Förderprogramm ENIN, das die Umstellung von Nutzfahrzeugflotten auf emissionsfreie Antriebe forcieren soll, setzt darauf, die Anschaffung von E-Lkw gemeinsam mit der Anschaffung der dazugehörigen Ladeinfrastruktur zu unterstützen. Das macht Sinn, denn E-Fahrzeuge werden dort geladen, wo sie ihre Routen starten oder beenden.“

Laden im Wohnbau

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Christian Klenja - ÖAMTC

Zukünftige Chancen, sagt Christian Klenja, liegen auch beim Laden in Wohnbauten, wo es seit dem Jahr 2023 eine gesetzliche Erleichterung für die Errichtung von Ladeeinrichtungen in Wohnungseigentümergemeinschaften gibt. Das E-Auto wird zukünftig vermehrt bereits in die Haustechnik integriert werden können, „um als Energiespeicher zu dienen. Neue Batterietechnologien schreiten in der Entwicklung voran (Natrium-Ionen Technologie), damit wird die Erzeugung der Antriebsbatterien künftig kostengünstiger und ressourcenschonender.“ Immer mehr Energieunternehmen setzen deshalb auf Ladelösungen für Privathaushalte – Einfamilienhäuser sind ebenso darunter wie Mehrparteienhäuser.

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Verbund bietet auch Ladelösungen fürs Eigenheim

Verbund etwa bieten neben einer Wallbox mit Verbund-Strom optionale Installationspakete, eine Ladekarte für unterwegs sowie weitere Services. Die Einstiegsvariante Easy soll mit dem heimisch produzierten go-e Charger für sicheres und bequemes Laden sorgen, wie Unternehmenssprecherin Ingun Metelko sagt. „Ebenfalls gibt es die Variante ‘Pro’ mit der hochwertigen Keba Wallbox – vor allem für private Ladungen vom Dienstwagen, die dank Mess- und Eichrechtskonformität als Abrechnungsbasis mit dem Arbeitgeber dienen kann.“ Mehr als die Hälfte der Ladevorgänge finden, so Metelko, daheim statt. Gera de bei Mehrparteienwohnhäusern geht es um notwendige Anpassungen im Bau- und Wohnrecht bzw. „auch Anreize zur Investitionsförderung beim Bau von Ladeinfrastruktur zu schaffen“.

Netzausbau forcieren

Aktuell ist die Netzinfrastruktur durch die verstärkte Verwendung von (erneuerbarem) Strom stark gefordert. Gründe sind die dezentrale Einspeisung von Photovoltaikanlagen, der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen, die Umstellung von Industrieprozessen auf Strom und die Errichtung von Ladeinfrastruktur. Deshalb ist ein Netzausbau in der Strominfrastruktur notwendig, um die Verteilung der Rückspeisung von Strom aus individuellen Photovoltaikanlagen ins Stromnetz zu gewährleisten, so Christian Klenja.

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Wien Energie betreibt aktuell 2.000 Ladestationen

„Es braucht länderübergreifend einen weiteren Ausbau im hochrangigen Straßennetz. Dazu gibt es sei tens der EU seit 2023 die AFIR-Verordnung (Alternative Fuels Infrastructure Regulation). Zwischen 2025 und 2030 sollen entlang der europäischen Hauptverkehrsrouten alle 60 km Schnellladestationen für Pkw (mind. 150 kW), alle 120 km für Lkw (mind. 350 kW) und alle 200 km Wasserstofftankstellen zur Verfügung stehen.“

Investitionsaufwand

In Österreich zum Beispiel ist die ASFINAG mit der Ausschreibung betraut. An den übergreifenden Ausbaustrategien der Netze, so Andreas Reinhardt, wird österreichweit gearbeitet. „Der dafür notwendige hohe Investitionsaufwand, lange Genehmigungsverfahren und der Bedarf an Professionisten stellen bei der Umsetzung die zentralen Herausforderungen dar.“ Dennoch nimmt der Ausbau der E-Ladestationen in al len Bundesländern Fahrt auf. Aktuell beträgt die Maximaldistanz vom jeweils aktuellen Standort bis zur nächsten Ladestation in Wien nur noch 400 Meter. Wien Energie plant darüber hinaus, dass bis Ende 2024 rund 200 weitere Ladestellen im öffentlichen Raum errichtet werden sollen – und damit die Mobilitätswende weiter vorangetrieben wird.

Sandra Wobrazek