Grüne Fachkräfte für eine bessere Zukunft

Duale Ausbildung. Von Energietechnik bis Klimagärtner – die Nachhaltigkeit prägt immer mehr Lehrberufe in Österreich. Bestehende Berufsbilder werden zunehmend adaptiert oder gänzlich neue geschaffen

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Viele junge Menschen möchten einen relevanten Beitrag zur Energiewende leisten

Nachhaltiges Denken und Handeln erfasst immer mehr Lebensbereiche – von bewusstem Konsum über klimafreundliche Mobilität bis zu ressourcenschonender Produktion. Auch die mehr als 200 verschiedenen Lehrberufe, die in Österreich aktuell erlernt werden können, werden maßgeblich dadurch beeinflusst: Nachhaltige Fähigkeiten fließen in zunehmend mehr Berufe ein oder es werden gänzlich neue Berufe geschaffen. Traditionelle gehören ebenso dazu wie digitale Berufsbilder

Klimagärtner

Dazu gehört, sagt Wolfgang Bliem, ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, dass nachhaltiges und ressourcenschonendes Arbeiten als Grundprinzip in alle Ausbildungen einfließt, etwa energiesparendes Arbeiten oder Wiederverwertung von Abfällen. „Gleichzeitig entstehen neue Lehrberufe wie zuletzt Klimagärtnerin bzw. Klimagärtner und in anderen Lehrberufen werden verstärkt Ausbildungsinhalte wie erneuerbare Energie oder Elektromobilität eingearbeitet, zum Beispiel in den Lehrberufen Elektrotechnik, Installations- und Gebäudetechnik.“

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Der Lehrberuf Klimagärtner soll unter anderem Gebäude begrünen und dadurch zu deren Kühlung beitragen

Mit nachhaltigen Berufen und Ausbildungen werden häufig technische und handwerkliche Aspekte wie nachhaltige Energie, ressourceneffiziente Produktion, Elektromobilität, nachhaltiges Bauen verbunden, sagt der Bildungsforscher. Er betont, dass es wichtig ist, nachhaltiges Denken und Handeln als Grundprinzip in allen Ausbildungen zu verankern. „Damit wird nicht aus jedem Lehrberuf ein grüner Beruf, aber es muss klar werden, dass ich in jedem Beruf einen Beitrag zu einer nachhaltigeren, zukunftsorientierten Wirtschafts- und Lebensweise leisten kann."

Was laut Wolfgang Bliem ebenso relevant ist: Nachhaltige Arbeitsweisen und Technologien müssen nicht nur angewendet werden können – es muss auch das entsprechende Mindset vorhanden sein, diese aktiv zu gestalten und weiterzuentwickeln.

Kreative Grünräume

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Mario Steininger
BS Gartenbau und Floristik

Erst seit dem Herbst 2024 wird der dreijährige Lehrberuf Klimagärtner angeboten. Die wichtigsten Lehrinhalte umfassen die Auswahl klimaangepasster Pflanzen und die Gestaltung sowie Pflege von Grünflächen unter Berücksichtigung nachhaltiger und ressourcenschonender Prinzipien, so Mario Steininger, Leiter der Wiener Berufsschule für Gartenbau und Floristik.

„Ein besonderer Fokus liegt auf dem Schwammstadt-Prinzip zur natürlichen Wasserspeicherung. Lehrlinge lernen auch, wie sie durch die Kombination von Pflanzen mit landschaftsbaulichen Elementen kreative und funktionale Grünräume gestalten können, um Hitzeinseln im urbanen Bereich zu vermeiden. Ziel ist es, Lebensräume am und um Gebäude zu schaffen, die zur Artenvielfalt in der Stadt beitragen und eine lebenswertere sowie kühlere Stadt ermöglichen.“

Steininger, erklärt, dass der Lehrberuf Klimagärtner einem ständigen Wandel unterworfen ist: „Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Fortschritte erfordern regelmäßige Anpassungen der Lehrinhalte, um sicherzustellen, dass Lehrlinge innovative, nachhaltige Lösungen umsetzen können und den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen sind.“

Neue Technologien

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Ursula Bazant
ÖBB

Auch bei den ÖBB werden derzeit zwei Lehrberufe mit besonderem Nachhaltigkeitsbezug angeboten: Kälteanlagentechnik und Elektrotechnik-Energietechnik. Weiters gibt es nachhaltige Projekte, bei denen Lehrlinge immer wieder selbst Hand anlegen und mit neuen Technologien vertraut gemacht werden, etwa bei der Anfertigung und Anbringung von PV-Anlagen, sagt Ursula Bazant, Geschäftsbereichsleiterin Aus- und Weiterbildung.

Miriam Joyce, ÖBB-Elektrotechnik-Energietechnik-Lehrling im vierten Lehrjahr, hat sich aus mehreren Gründen für einen Beruf mit Nachhaltigkeitsaspekt entschieden: „Zum einen, weil diese Ausbildung gute Jobperspektiven bietet und zum anderen, weil ich finde, dass es in Zeiten des Klimawandels wichtig ist, dass die jüngere Generation etwas in Richtung Nachhaltigkeit tut.“

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Miriam Joyce, 22, absolviert bei den ÖBB eine Elektrotechnik-Energietechnik-Lehre

Soziale Verantwortung

Für effektiven Klimaschutz muss erfolgreiches Wirtschaften mit ökologischer Verträglichkeit und sozialer Verantwortung verknüpft werden, betont Ursula Bazant.

Das wird bei den ÖBB zum Beispiel durch verschiedene Workshops und Einblicke in unterschiedliche Abteilungen sowie Praxiseinsatzorten vermittelt. „Gleichzeitig nehmen wir die Inputs der Jugendlichen ernst“, so Bazant, „und lassen ihnen auch Gestaltungsfreiraum, um ihre Ideen einzubringen und umzusetzen. Wir setzen auf Innovation, Digitalisierung und die Förderung von zukunftsfähigen Skills.“

Erneuerbare Energien

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Matthias Pesendorfer
Energie AG

In Zeiten des Klimawandels bei einem Unternehmen zu arbeiten, dass an der Energiewende aktiv mitwirkt, war einer der wichtigsten Aspekte für die Berufswahl von Moritz Steinauer, Lehrling bei der Energie AG Oberösterreich. „Der Lehrberuf Elektrotechnik-Energietechnik bietet ein breites Spektrum der Elektrotechnik und beschäftigt sich intensiv mit den Themen Erneuerbare Energien und Energiewende. Unsere Lehrlinge befassen sich etwa mit der Erzeugung und Verteilung elektrischer Energie. Hier werden auch aktuelle Entwicklungen im technischen, politischen und gesellschaftlichen Bereich beobachtet und in der Ausbildung integriert“, so Matthias Pesendorfer, Ausbildungsleiter Lehrlingsausbildung.

Den Lehrlingen wird vermittelt, wie die aktuelle Situation der Branche ist und wo sie sich hinentwickeln muss. Im technischen Bereich wird mit Simulationsanlagen der Betrieb von Stromnetzen, Kraftwerksanlagen etc. erlernt. Matthias Pesendorfer: „In dieser Kombination entsteht Verständnis, wie man sinnvoll als einzelne Person aber auch als ganzer Konzern an der Energiewende aktiv mitwirken kann.“

Fachliches Know-how

Die Entwicklung umwelt- und ressourcenschonender Produktionsweisen und Dienstleistungen ist ein Muss in Zeiten der massiven Klimaveränderungen, ist Wolfgang Bliem überzeugt. Viele Unternehmen erkennen das und gestalten diese Veränderung aktiv, berichtet der Experte: „Dafür brauchen sie Fachkräfte, die das fachliche Know-how aber auch die entsprechende Einstellung mitbringen. Mit einer Ausbildung, die an diese neuen und oft zusätzlichen beruflichen Anforderungen angepasst ist, sind junge Menschen auch längerfristig am Arbeitsmarkt dringend benötigte Fachkräfte.“

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Die Energie AG bildet eine Vielzahl an Lehrlingen aus

Das will auch Felix Seiringer, ein Elektrotechnik-Energietechnik Lehrling der Energie AG Oberösterreich, sein. Sein berufliches Ziel: „Ich möchte auf jeden Fall nach der Lehre berufsbegleitend studieren – und aktiv an der Energiewende mitwirken“

Sandra Wobrazek